Essen, um zu leben oder leben fürs Essen

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Neuste Schätzungen von Medizinhistorikern nehmen an, dass unser Hirn und unser Verdauungstrakt seit 150’000-300'000 Jahren unverändert sind. Selbstverständlich hatten unsere damaligen Vorfahren andere Möglichkeiten und Prioritäten bei der Nahrungsaufnahme, als wir sie heute haben. Aber hast du dir schon mal ehrlich überlegt, wo deine Prioritäten beim Essen liegen?

Foto von Sara Dubler auf Unsplash

«Du bist, was du isst»

Dieses Sprichwort erlaubt viele Interpretationen. Hier möchte ich aber vor allem zwei Sichtweisen aufnehmen. Unser Körper erneuert sich – Gewebe, Knochen, Muskeln, Blut etc. – laufend. Dafür braucht er Energie, Baustoffe und Hilfsstoffe. In unserer Ernährung sind dies Kohlenhydrate, Fette, Eiweiss, Vitamine und Mineralstoffe. Wir sind also leibhaftig aus unserer Nahrung gemacht. Noch wichtiger sehe ich aber die zweite Sichtweise dieses Sprichwortes: wir essen, für was wir sind bzw. was wir tun. Es gibt nicht die eine richtige Ernährungsweise – auch wenn uns das in den Medien immer wieder eingebläut wird. Unser Lifestyle beeinflusst unsere Bedürfnisse in der Ernährung und wenn wir diese ideal abdecken, sind wir gesund und leistungsfähig, verfehlen wir unseren Nahrungsbedarf in quantitativer (Nahrungsmenge, also Energie gemessen in Kalorien) oder qualitativer (Nahrungszusammensetzung) Hinsicht, leidet unsere Leistung und mittelfristig auch unsere Gesundheit.

Das Huhn-Ei-Problem: Bewegung oder Ernährung 

Die Hauptursache, weshalb ernährungsbedingte Krankheiten wie Übergewicht, Typ-II-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den letzten 60 Jahren stark zugenommen haben, liegt daran, dass wir uns als teildigitalisierte Dienstleistungsgesellschaft viel weniger körperlich betätigen. Genau dafür ist aber unser Körper geschaffen. Ein gesundes Mass an Bewegung hält den Körper in Schwung und stark vereinfacht gesagt, lässt ihn auch besser mit der Nahrung umgehen. Während wir über Jahrhunderte stets dafür kämpften, genügend Nahrung zu haben, sorgt sich die heutige Überflussgesellschaft vor allem darum, dass ihre Ernährung, sozialen, ethischen und modischen Trends entspricht und uns dabei extrem attraktiv aussehen lässt. Dies stresst unser 300'000-jähriges Gehirn enorm. Neurologen gehen sogar so weit, dass (https://open.spotify.com/episode/1D5r14ewhAzTdwSmzg2S2l) die Mischung aus Reizüberflutung und Bewegungsmangel unser Nervensystem aushebelt und somit das natürliche Hungergefühl und unser sehr ausgeklügeltes Energiemanagement stört und schliesslich daraus die hohe Inzidenz von Adipositas und Co. entsteht.

Aber was ist denn jetzt richtig für mich?

Auf den ersten Blick scheint es so, dass je mehr die Wissenschaft entdeckt, desto schwieriger wird es, alles richtig zu machen. Ich möchte dir hier aber 7 einfache Tipps mitgeben, mit denen du bereits sehr viel richtig machst für dein Wohlbefinden und deine Gesundheit:

  1. Täglich mindestens 30’ Bewegung: am besten draussen, in Begleitung von Freunden oder Familie und ohne Bespassung durch Musik oder Filmen.
  2. «5 am Tag»: 2 Faust-grosse Portionen Früchte und 3 Portionen Gemüseliefern dir wertvolle Nahrungsfasern, Vitamine und Mineralstoffe
  3. Minimum an Zutaten und Verpackung: wählebeim Einkaufen Lebensmittel, die eine kurze Zutatenliste oder sogar nur eine Zutat haben und wenig Verpackung aufweisen. Dies bringt dir automatisch viel Unverarbeitetes, ergo frisch und selbst-zubereitetes Essen
  4. Es gibt keine schlechten Nährstoffe! Es bringt nichts, Kohlenhydrate oder Fett zu brandmarken oder alles, das etwas mehr Protein enthält zu glorifizieren. Unser Körper braucht von jedem die richtige Menge. Alle extremen Ernährungsformen erhöhen das Risiko von Mangelerscheinungen.
  5. Iss langsam und bewusst: wenn wir langsam essen, stellt sich unser Sättigungsgefühl besser ein. Beim Essen sollte auch nicht in einen Bildschirm gestarrt werden, die Aufmerksamkeit gilt dem Essen und der Kopf hat mal Pause.
  6. Essen ist so viel mehr als nur Futteraufnahme: Essen hat eine hohe soziale und emotionale Seite. Eine Mahlzeit mit anderen teilen und geniessen ist wichtig. Ernährung soll uns nicht isolieren oder in ein unbequemes Korsett zwängen.
  7. Traue keinem auf (Social-) Media: eine provokante Aussage in einem Blog, aber das Produkt aus Informationsmenge und -qualität ist vor allem Verwirrung und kommerzielle Beeinflussung, anstatt konstruktiver Wissensvermittlung.

Vielleicht bist du an dieser Stelle enttäuscht, weil du konkrete Vorschläge und Strategien erwartet hast? Das habe ich bewusst gemacht. Nimm diesen Artikel als Impuls, deine Gewohnheiten und Prioritäten beim Essen zu beobachten oder sogar zu notieren. Schau, welche dieser 7 Tipps du befolgst und probier sie doch einfach mal aus und lass mich wissen, was du dabei erfahren hast.

Autor: Dani Hofstetter hat einen Master in Lebensmittelwissenschaften und arbeitet selbstständig als Ernährungsberater mit Leistungsträgern aus Sport, Wirtschaft und Medizin. Mehr zu ihm unter www.danihofstetter.ch

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